Videointerview: Das Jobinterview der Zukunft
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Das jedenfalls suggeriert der Volksmund. Was den ersten Eindruck von einem Talent angeht, behält er wieder einmal Recht. Nicht umsonst ist es seit Jahren Gang und Gäbe, ein Profilbild auf den Lebenslauf zu pappen. Ein noch besseres Bild vom Kandidaten können sich Recruiter aber inzwischen mittels Videopitch oder Videointerview machen!
Authentischer Eindruck vom Kandidaten mittels Videointerview
Früher lag bei der Kandidatenauswahl das Hauptaugenmerk auf den „Harten Fakten“. Allein die fachlichen Skills zählten. Maximal Eigenschaften wie Problemlösefähigkeit, Analytik und Kritikfähigkeit wurden überdies getestet. Inzwischen rücken bei der Personalauswahl auch die Soft Skills ins Zentrum. Ebenso sind gemeinsame Wertevorstellungen von Unternehmen und Talent relevant geworden. Experten bezeichnen eine hohe Übereinstimmung als Cultural Fit.
Und dieser wird immer wichtiger. Arbeitete früher jeder für sich Aufgaben ab, dominiert heute in vielen Unternehmensbereichen die Projektarbeit. Hierbei ist es wichtig, dass es zwischen Kollegen „menschlich funkt“. Denn die besten Zeugnisse, Referenzen und Abschlussnoten nutzen nichts, wenn sich ein neuer Kollege nicht ins Team einbringen kann.
Dem Cultural Fit per Videointerview auf die Spur kommen
Ein optimaler „Cultural Fit“ macht nicht selten den Unterschied zwischen einem guten und einem exzellenten Kandidaten aus. Dieser sollte daher im Recruitingprozess zu einem möglichst frühen Zeitpunkt festgestellt werden. Hierbei können moderne Recruitingtools helfen. Stichwort: Videointerview oder Videopitch.
Möglich, dass insbesondere der Videopitch die Nachfolge des Bewerbungsfotos antritt oder es zumindest ergänzt. Hierüber kann sich ein Recruiter einen ersten persönlichen Eindruck vom Kandidaten verschaffen, der erheblich tiefgreifender ausfällt als bei einem Papierbild.
Wie funktioniert ein Videopitch?
Und so funktioniert es: In einem Kurzvideo ab 30 Sekunden Länge, das Kandidaten auf Einladung eines Recruiters von sich erstellen, stellen sie sich kurz vor. Sie zeichnen das Ganze auf und schicken es ab. Personalsuchende haben so die Möglichkeit, ein Talent gleich zu Beginn des Recruitingprozesses nicht ausschließlich anhand von Fakten und Lebenslauf, sondern auch per Bewegtbild zu beurteilen.
Recruiter, Personalberater und deren Auftraggeber erhalten auf diese Weise einen ersten authentischen Eindruck von einem Kandidaten. Das kann die Vorauswahl erheblich beschleunigen.
Wie funktioniert ein Videointerview?
Im nächsten Schritt kann die Einladung zum persönlichen Kennenlernen ausgesprochen werden. Doch ein Jobinterview im gleichen Raum ist in unserer globalisierten Welt nicht immer leicht zu bewerkstelligen. Was ist zum Beispiel, wenn sich ein potenzielles Talent auf der anderen Seite der Welt in einer Festanstellung befindet? Dieses einfliegen zu lassen, kann teuer werden.
Auch hier schafft die Videotechnologie Abhilfe und überbrückt die physische Distanz. Das stellt auch für den Kandidaten eine erhebliche Erleichterung dar, dem eine lange Reise erspart bleibt und zahlt positiv auf die Candidate Experience ein.
Talent und Recruiter stehen dabei verschiedene Wege offen, zusammenzukommen. Zum Beispiel besteht die Möglichkeit, Live- oder automatisierte Interviews mit einem Kandidaten zu führen.
Während sich Arbeitgeber und Kandidat im Live-Videointerview in Echtzeit über den Bildschirm ihres Laptops, Tablets oder Smartphones austauschen, kommen automatisierte Videointerviews zum Beispiel infrage, wenn sich zwischen Recruiter und Talent nicht nur Kontinente befinden, sondern auch Zeitzonen.
Zeitversetzte Videointerviews
Um dennoch einen entspannten und authentischen Austausch zu gewährleisten, können Recruiter Kandidaten ihre Fragen per Video oder Text stellen. Anzahl und die Länge der Aufnahmen sind frei konfigurierbar. Der Bewerber antwortet zeitversetzt ebenfalls per Videotechnik.
Sowohl die Live-Gespräche als auch die automatisierten Interviews liegen im Nachhinein im Bewerbermanagementsystem als Aufzeichnung vor. So können Recruiter nicht nur Bewerbungsgespräche bequem aus der Ferne führen, wo und wann immer sie wollen. Sie können die Videos auch Kollegen zur Verfügung stellen, die beim Interview nicht involviert waren.
Videointerview und Videopitch im Praxistest
Anwender bescheinigen beiden Formaten des Videointerviews Zukunftsfähigkeit. „Der Einsatz im Recruiting hilft uns dabei, unseren Auftraggebern schneller Kandidaten zu präsentieren und damit unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken“, so Kevin Sebel, Manager Interim Desk der Jobplattform EN-HR Solutions.
Maikel Boksteen, Mitbegründer der Finanzberatung 2Trust, sieht’s ähnlich: Die Technologie sorge für eine enorme Zeitersparnis und mehr Transparenz im Recruiting. „Ein Lebenslauf sagt schließlich nichts darüber aus, wie jemand tatsächlich rüberkommt.“
Video-Recruiting schlägt in ihren Augen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe:
- können Arbeitgeber ihre Marke gegenüber Arbeitnehmern stärken (Emloyer Branding)
- können Recruiter und Personalberater ihre Personalbeschaffungseffizienz erhöhen
Das Ergebnis sind geringere Werbungskosten, eine Verbesserung der Time-to-Hire sowie bessere Kandidaten. Hinter der Technologie steckt die in Den Haag niedergelassene Firma Cammio, ein leistungsstarker Cloudanbieter, der alle Videointerview-Funktionen in einer integrierten, benutzerfreundlichen Plattform datenschutzkonform bündelt.
Akzeptanz der Bewerber
„Das Smartphone hat die Macht des Videos demokratisiert“, sagt CEO Walter Hueber. Dass der erste Kooperationspartner von Cammio der HR Software Hersteller Carerix war, ist für ihn alles andere als Zufall. „Bei Carerix arbeiten Menschen, die an Zusammenarbeit glauben, genau wie wir. Sie haben eine sehr gute API-Verknüpfung und Benutzeroberfläche, also waren sie für uns der ideale Partner für eine Kooperation.“
Carerix-Kunden können in der IT-Umgebung die Videointerview-Funktionen von Cammio nutzen und so spielend leicht Kandidaten aus aller Welt online kennenlernen, auswählen und Kollegen per Video präsentieren.
Insbesondere bei jüngeren Bewerber-Generationen kommt die Technik gut an. Sie sind schließlich in der Ära von Facebook, Smartphones, der permanenten mobilen Erreichbarkeit und des kontinuierlichen Austauschs per Messenger und inzwischen immer mehr auch per Video aufgewachsen.
Technik mit Zukunftspotenzial
Dass ältere Generationen, die an diese Technologien weniger gewöhnt sind, ein bisschen mehr Zeit brauchen, um sich umzustellen, kann Hueber verstehen. Zum Glück könnten Kandidaten und Recruiter ja aber vorab so oft üben, wie sie möchten, bevor sie ihre Videopräsentation versenden.
Trotz der bereits erreichten hohen Performanz – noch steckt die Technik laut Hueber in den Kinderschuhen. Insbesondere in Verbindung mit Big Data sind völlig neue Anwendungen des Videoverfahrens denkbar. Zum Beispiel könnte das Video eines Kandidaten mit denen von anderen Kandidaten automatisiert verglichen werden und bestimmte Schlussfolgerungen über die persönliche Eignung dieses Kandidaten gezogen werden.
Noch mag das futuristisch anmuten. Auch ist die Idee noch nicht ausgereift. Doch eines ist sehr wohl sicher: Die Zukunft des Vorstellungsgesprächs und der Kandidatenauswahl hat mit der Möglichkeit zu automatisierten Videointerviews und Videopitches erste deutliche Schatten vorausgeworfen. Man darf gespannt sein, welche Überraschungen sie noch parat hat.